Hat der Mindestlohn in der Wahrnehmung der Befragten zu mehr Lohngerechtigkeit geführt?
Eine qualitative Untersuchung im Auftrag des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP)
Schlagworte:
Mindestlohn, Lohngerechtigkeit, Fokusgruppe, Non-Compliance, Beschäftigungshemmnisse, SOEP, NiedriglohnAbstract
Nach objektiven Indikatoren hat sich in den letzten Jahren bei vielen Menschen in Deutschland eine Steigerung der Lebensqualität eingestellt. Doch wie sieht es bei der Betrachtung subjektiver Indikatoren aus? Hat die Einführung des Mindestlohns als absoluter Lohnuntergrenze zu mehr Lohngerechtigkeit geführt?
Zur Beantwortung dieser Frage wurden im Auftrag der SOEP-Gruppe des DIW Berlin im Sommer 2015 durch Infratest Sozialforschung Fokusgruppen-Interviews durchgeführt, an denen 31 Personen teilgenommen haben. Die Zielpopulation bestand aus nicht Erwerbstätigen und im Niedriglohnbereich Beschäftigten in Berlin, Leipzig und München.
Unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktsituation der Teilnehmenden geht es vor allem darum herauszufinden, ob sie ihre eigene Entlohnung als gerecht einschätzen. In einem zweiten Schritt wird nach der Eignung des Mindestlohns als Instrument zur Herstellung von Lohngerechtigkeit gefragt. Schließlich geht es um die Erfahrungen der Befragten mit der Durchsetzung des Mindestlohns. Die Auswertung zeigt zunächst, dass Befragte ihre Arbeitsmarktsituation oftmals als perspektivlos einschätzen. Vor allem ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie jene, die Kinder oder Angehörige betreuen oder gesundheitliche Probleme haben, fühlen sich am Arbeitsmarkt ungerecht behandelt. Wegen diesen Beschäftigungshemmnissen können sie oft nur wenige Stunden arbeiten oder gehen derzeit keiner Erwerbstätigkeit nach. Als positiv empfunden wird, dass der Mindestlohn das Einkommen für Geringverdiener erhöht, Lohndumping und Ausbeutung verhindern und für mehr Wertschätzung am Arbeitsplatz stehen kann. Die Befragten äußern jedoch die Befürchtung, dass durch den Mindestlohn Arbeitsplätze verloren gehen. Zudem würden Arbeitgeber die Ausnahmeregelungen als ›Schlupflöcher‹ nutzen, um den Mindestlohn zu umgehen. Außerdem besteht die Wahrnehmung, dass der Mindestlohn durch Arbeitszeitverkürzung und mit ›Tricks‹ umgangen wird.
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