Die Expansion digitaler Märkte und die dunklen Seiten von Reputationssystemen
Schlagworte:
Reputationssysteme, digitale Märkte, Wirtschaftsgeschichte, WirtschaftssoziologieAbstract
Digitale Reputationssysteme
Bewertungen tragen entscheidend dazu bei, dass Milliarden von Transaktionen relativ reibungslos auf digitalen Märkten abgewickelt werden; selbst auf illegalen Märkten im so genannten Darknet. Ohne Reputationssystem würden digitale Märkte, auf denen anonyme Akteure weltweit Handel treiben, am Vertrauensproblem scheitern. Entsprechend haben sich Reputationssysteme auf digitalen Märkten, aber ebenso bei der Bewertung von Dienstleistungen, Hotels, Mitfahrzentralen, usw. rasant verbreitet.
Die Verbreitung digitaler Reputationssysteme
Vielleicht ist der Begriff »Reputationsgesellschaft« eine Übertreibung, doch macht er zugleich deutlich, dass immer mehr Ecken und Winkel der Gesellschaft von Reputationssystemen erfasst werden. Im Wissenschaftsbereich berechnen Google Scholar, Repec, Research Gate, Academia u.a. Zitationswerte, h-Index und andere Kennziffern, die über Karrieren von Wissenschaftlern mit entscheiden. Private Firmen mit ihren digitalen Archiven und oftmals intransparent konstruierten Reputationsscores haben heute Einfluss auf die Karrierewege in den wissenschaftlichen Institutionen.
Die dunkle Seite digitaler Reputationssysteme
Reputation beruht immer auf Wahrnehmung und Wahrnehmung kann täuschen. Insbesondere aber kann Reputation inszeniert werden. Nicht nur erschwindelter Aufbau von Reputation ist ein Problem, sondern auch das Gegenteil: die Zerstörung von Reputation. Ein zentrales Problem von Reputationssystemen ist mithin die Zuverlässigkeit der Informationen.
Auch im »Darknet« liefern Bewertungen von Transaktionen, wie bei eBay, Informationen über »ehrliche« Händler auf illegalen Märkten. (Das Darknet verhilft aber auch Bürgerrechtlern und Journalisten in diktatorischen Regimen zu freier Kommunikation.) Die Analyse von Daten illegaler Märkte ist für die Erklärung der dezentralen Entstehung sozialer Kooperation von großem Interesse. Denn es gibt kein Rechtssystem, kein Gericht, dass im Falle des Falles bei einem Betrug angerufen werden könnte.
In dem Beitrag werden Forschungen über Reputationssysteme auf Basis großer Datenmengen vorgestellt und die Risiken thematisiert, aber auch die Chancen zur Mobilisierung von Gegenkräften. In einer »asymmetrischen Gesellschaft« (James Coleman) ist es allerdings keine einfache Aufgabe, die Herrschaft der digitalen Konzerne und staatlicher Behörden über die Daten zu begrenzen.
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