‚Knowledge brokers‘ transnational?
Die Rolle von Hochschulen in der Produktion ‘internationaler Exzellenz’ und sich daraus ergebender intersektionaler Un-gleichheiten
Keywords:
Hochschulen, Intersektionalität, Ungleichheit, Exzellenz, Transnationalität, Organisationale ForschungAbstract
Internationalisierung gewinnt im Rahmen der „corporate university“ an Bedeutung, und es ist kaum noch möglich, Hochschulen ohne „Internationalisierungsstrategien“ zu finden. Durch die Förderung der räumlichen Mobilität von Wissenschaftler/-innen und Studierenden sowie der internationalen Ausrichtung von Bildungsprogrammen und Forschungsaktivitäten zielen Hochschulen darauf, sich im nationalen und globalen Wettbewerb durchzusetzen.
Internationalisierungsstrategien fördern (noch) stärker als bisher transnationale Migrationsbewegungen in der Wissenschaft, die, so zeigen aktuelle Untersuchungen, Folgen für die Ungleichheitsproduktion unter Wissenschaftler/-innen haben können. Soziale Ungleichheiten werden jedoch durch meritokratische Exzellenz-Diskurse ausgeblendet, was durch Untersuchungen zu Geschlechter- und Herkunftsungleichheiten an der „corporate university“ gut belegt ist. Es fehlen allerdings Untersuchungen zur Interaktion von Exzellenz-Diskursen und transnationaler Migration, insbesondere zur intersektionalen Produktion sozialer Ungleichheit. Erste eigene Befunde deuten darauf hin, dass soziale Kategorien, die zuvor als Benachteiligungsdimensionen gesehen wurden (z.B. Migrations- und sozialer Hintergrund, Hautfarbe, Sprache) in bestimmten Fällen eine Aufwertung erfahren und sogar als „Ressourcen“ nach außen präsentiert werden.
In diesem Kontext untersuchen wir die Praktiken von ausgewählten Hochschulen, die wir als „transnationale Vermittler“ von Knowledge Workers von heute und morgen bezeichnen. Anhand einer Analyse von Expert/-inneninterviews zeigen wir, was Hochschulen unter Internationalisierung verstehen, wie sie ihre Internationalisierungsstrategien mit Vorstellungen von Exzellenz verbinden und inwieweit dies ungleichheitsrelevante Folgen hat. Mit Hilfe von Homepageanalysen zeigen wir dann, wie sich dieses Verständnis in der Selbstpräsentation dieser Hochschulen wiederfinden lässt. Dabei konzentrieren wir uns auf die diskursive Verbindung von „Internationalisierung“ und „Exzellenz“. Unser Ziel ist es, einen intersektionalen Blick auf die Produktion sozialer Ungleichheit im Kontext von Internationalisierungsstrategien zu werfen und dabei auch die Beteiligung von Hochschulakteur/-innen an der Ungleichheitsproduktion zu untersuchen.
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