Risiken der Assimilation sozialer an ökologische Problemstellungen
Keywords:
Soziale Frage, soziale Ungleichheit, ökologische Krise, Kapitalismus, Industriegesellschaft, Naturalismus, UmweltsoziologieAbstract
Es ist nicht sofort ersichtlich, warum die ökologische als soziale Frage betrachtet werden sollte, wenn es sich doch um sehr unterschiedliche Phänomene handelt und die Soziale Frage - des 19. Jahrhunderts - zum Zeitpunkt des Wahrnehmens der ökologischen - um 1970 - sogar in den Hintergrund tritt. Beides sollte deshalb nicht zu schnell verknüpft werden. Die zentrale These des Beitrags besagt vielmehr, dass es systematische Unterschiede gibt und dass diese sehr genau herausgearbeitet werden müssen, bevor Analysen von Zusammenhängen zu weiterführenden Einsichten verhelfen können. Die Unterschiede werden zuerst empirisch-exemplarisch plausibilisiert: Da es Beispiele sowohl dafür gibt, dass sich soziale und ökologische Probleme wechselseitig (positiv oder negativ) verstärken, als auch dafür, dass sie sich konflikthaft entgegenstehen, ist davon auszugehen, dass es sich um voneinander unabhängige - und deshalb 'kombinierbare' - Problemstrukturen handelt. Analytisch muss sogar davor gewarnt werden, soziale und ökologische Probleme gewissermaßen kurzzuschließen, weil dies in naturalistische Fehlschlüsse führen kann, was an der Debatte um "Planetare Grenzen" veranschaulicht wird. Das stellt auch die Theorien der Umweltsoziologie vor neue Aufgaben, die sich zu sehr auf die Verbindungsmöglichkeiten sozialer und ökologischer Fragen fokussiert. Die hier vorgeschlagene analytische Unterscheidung stützt sich sodann auf gesellschaftstheoretische Perspektiven: Kapitalismusanalysen adressieren vor allem die Soziale Frage, während sich die Analyse ökologischer Probleme primär auf die Gesellschaft als Industriegesellschaft stützt. Kapitalismus und Industriegesellschaft folgen analytisch je eigenen Entwicklungsmustern, wenngleich sie empirisch - in der einen Welt - offensichtlich zusammenwirken. Das heißt aber nicht, dass die Empirie die Differenz wieder einebnen kann. Die Konsequenz ist vielmehr, so der konzeptuelle Vorschlag als Fazit, dass empirisch den Übersetzungen der einen in die jeweils anderen Problemkonstellationen und Antriebe nachzugehen ist.
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