Das Digitale und seine Ethnografie(n)

Theoretische und methodologische Überlegungen zum ethnografischen Forschungsstil im algorithmischen Zeitalter

Autor/innen

  • Sebastian Dahm Universität Bielefeld
  • Simon Egbert Technische Universität Berlin

Schlagworte:

Digitalisierung, Algorithmen, Ethnografie, digitale Ethnografie, Webnografie, virtual ethnography, Qualitative Forschung, Big Data Humanities, Digital Humanities

Abstract

Zweifellos hat die Digitalisierung maßgebliche Folgen für das gesellschaftliche Zusammenleben ebenso wie für die Analyse desselben. Letzteres impliziert nicht nur theoretische Adaptionsnotwendigkeiten, sondern gleichfalls methodische Innovationen – nicht nur, aber insbesondere in der soziologischen Forschung. Seien es neue gesellschaftliche Praktiken, die durch die Digitalisierung entstehen und adäquat analysiert werden müssen oder neue Datentypen, die empirischen Forscher*innen durch die Digitalisierung zugänglich werden. In beiden Fällen sollten die durch die Digitalisierung der Gesellschaft angestoßenen Veränderungen sowohl als Herausforderung wie auch als Chance für analytische Neu- bzw. Weiterentwicklungen begriffen werden.

Folgerichtig hat die Diskussion um „Digital Methods“ schon seit einigen Jahren Hochkonjunktur (z. B. Rogers 2013; Snee et al. 2016; Caliandro 2018). Und obgleich durchaus zahlreiche Beiträge aus der qualitativen Sozialforschung existieren, bilden v. a. quantitativ orientierte Versuche – gemeinhin unter Bezeichnungen wie „Digital Humanities“ (z. B. Berry 2012; Warwick et al. 2012; Griffin et al. 2016) oder auch „Computational Social Science“ (Lazer et al. 2009; Conte et al. 2012; Alvarez 2016) subsumiert – in diesem Zusammenhang die Mehrheit. Zudem ist nicht selten der generelle Impetus auszumachen, wonach es einer grundsätzlichen Digitalisierung empirischer Methoden bedarf (z. B. Lupton 2015; Marres 2017) – also einer vollumfänglichen Übersetzung qualitativer und/oder quantitativer Methoden in digitale Register.

Dieser Lesart möchten wir im Beitrag mit Blick auf ethnografische Herangehensweisen die These entgegenhalten, dass gleichsam die bewährten Verfahren empirischer Sozialforschung bereits eine wichtige Voraussetzung für die Erforschung digitaler Phänomene darstellen.

Im Zuge dessen stellen wir Ansätze vor, die digitalisierte Praktiken ethnografisch zu analysieren (Online-Interaktion, Nutzung digitaler Medien sowie algorithmische Praktiken im engeren Sinne), um zu verdeutlichen, dass insbesondere mit Blick auf die Ethnografie von Algorithmen im engeren Sinne noch umfassender Forschungsbedarf herrscht und das die neuen analytischen Möglichkeiten durch die Digitalisierung keineswegs bedeutet, dass es per se neuer ‚digitaler Methoden‘ bedarf.

Downloads

Veröffentlicht

2021-09-20

Ausgabe

Rubrik

Sektion Wissenschafts- und Technikforschung: Digitale Daten und neue Methoden – Chancen und Herausforderungen für die Soziologie