Mehrdeutigkeit(en) sozialer Beziehungen aus interaktionistischer Perspektive

Autor/innen

  • Tom Töpfer Universität Hildesheim

Schlagworte:

Soziale Beziehungen, Symbolischer Interaktionismus, Qualitative Netzwerkforschung, Situation, Deutung, Triade

Abstract

In dem Beitrag wird, in der Tradition von Mead und Blumer, ein interaktionistischer Zugang zur Konzeptionalisierung und Erfassung der Mehrdeutigkeiten sozialer Beziehungen skizziert.  Basierend auf einer interaktionistischen Konzeption des Zusammenspiels aus Situation, Interaktion und sozialer Beziehung illustriere und diskutiere ich in diesem Beitrag einen analytischen Ansatz zur Erschließung sozialer Beziehungen anhand verschiedener Deutungsebenen. Damit soll insbesondere die Netzwerkforschung angeregt werden, sich stärker mit einem interaktiven Verständnis sozialer Beziehungen auseinander zu setzen und dies als eine Möglichkeit der theoretischen Fundierung eines bislang eher wenig konzeptualisierten Beziehungsbegriffes wahrzunehmen. Außerdem möchte ich eine eher dyadisch orientierte Beziehungsforschung für die relationale Perspektive sensibilisieren, die der symbolische Interaktionismus anbietet und damit konzeptionelle Anschlussfähigkeiten zu einer Netzwerkperspektive aufzeigen. Ansetzend einer dyadischen Konstellation illustriere ich zunächst einen interaktionistischen Beziehungsbegriff, der soziale Beziehungen als deutungsabhängige Ordnungsprozesse versteht, die in Interaktionen und über Situationen verhaftet sind. Ich differenziere verschiedene Bezugsebenen zur Erfassung subjektiven und sozialen Sinns sowie intersituative und transsituative Bezugsebenen für den analytischen Zugriff auf soziale Beziehungen. Ich stelle daraufhin heraus, dass soziale Beziehungen genuin in Verweisungszusammenhänge und Beziehungsgefüge eingebettet sind und illustriere dies anhand der Figur der Triade. Schließlich deute ich an, wie der Forschungsprozess selbst als interaktiver Deutungsprozess konzeptionalisiert werden kann und dahingehend, aus interaktionistischer Perspektive, eine weitere, reflexive Deutungsebene eingezogen werden muss.

 

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Veröffentlicht

2021-09-09

Ausgabe

Rubrik

Ad-hoc: Qualitative Netzwerkforschung – Method(olog)ische Perspektiven zur Analyse von Ambivalenzen und Spannungen sozialer Beziehungen