Denn sie wissen nicht, was sie lehren

»Empirische Sozialforschung« als Etikettenschwindel

Autor/innen

  • Stefan Hirschauer
  • Laura Völkle

Schlagworte:

quantitative Sozialforschung, empirische Sozialforschung, Methodenausbildung, Studium, Methodenparadigma

Abstract

Vor 15 Jahren sprach sich der Vorstand der DGS für eine Methodenausbildung mit einer gleichwertigen Berücksichtigung von standardisierten und nicht-standardisierten Verfahren aus. Der Beitrag prüft, wie es heute um die Realisierung dieser Empfehlung steht. Er stellt zum einen die methodische Ausrichtung von Methodenprofessuren an den soziologischen Instituten in Deutschland dar. Zum anderen untersucht er Bachelor- und Master-Studiengänge auf die Gewichtung qualitativer und quantitativer Anteile in der Lehre. In beiden Bereichen ist neben einem starken Ungleichgewicht zugunsten der quantitativen Sozialforschung eine Pseudosymmetrisierung zu erkennen: Was generalisierend als ›empirische Sozialforschung‹ bezeichnet wird, entpuppt sich bei näherer Betrachtung in der Regel als das quantitative Methodenparadigma. Es ist davon auszugehen, dass ein beträchtlicher Teil der Soziologiestudierenden wie auch schon vor 15 Jahren überhaupt nicht mit qualitativen Methoden in Kontakt kommt. Der Beitrag legt entsprechende Konsequenzen für den Zuschnitt soziologischer Institute nahe. 

Fifteen years ago, the DGS steering committee made the case for treating standardized and non-standardized procedures equally within university teaching programmes on social science research methods. Our paper examines the current state of the implementation of this recommendation. First, it depicts the methodological orientation of method professorships at sociology institutes in Germany. Second, it inspects bachelor and master courses with regard to their proportion of qualitative and quantitative methods in their teaching curricula. Alongside a strong imbalance in favour of quantitative research, both these steps reveal a form of pseudo-symmetry: It turns out that behind the misnomer of ›social science research‹ typically the quantitative method paradigm actually lies. Thus, the assumption follows that the lion share of sociology students, just as was the case 15 years ago, still does not come in contact with qualitative methods. The paper concludes with proposals for (re)structuring sociological institutes accordingly.

Literaturhinweise

Baur, N., Blasius, J. (Hrsg.) 2014: Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung. Wiesbaden: Springer VS.
Eifler, S., Hoffmeyer-Zlotnik, J.H.P., Krebs, D. 2011: Die Methodenausbildung in sozialwissenschaftlichen BA-Studiengängen. Soziologie, 40. Jg., Heft 4, 443–465.
Hirschauer, S. 2017: Endlich vereint? Über Quantizentrismus und Assimilation in die Leitkultur der ›Befragung‹. Soziologische Revue, 40. Jg., Heft 3, 319–330.
Rehberg, K.-S. 2003: DGS-Empfehlung zur Methodenausbildung. Soziologie, 32. Jg., Heft 4, 69–76.

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Veröffentlicht

2017-10-01