Warum wurden die Morde des NSU nicht als rassistische erkannt?

Migrationsregimeanalytische Anmerkungen

Autor/innen

  • Juliane Karakayali Evangelische Hochschule Berlin

Schlagworte:

Migrationsregime, NSU, Rassismus

Abstract

In Bezug auf die in den 2000er Jahren durch den sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) begangenen Morde an Migranten stellt sich aus soziologischer Perspektive die Frage, warum eine breitere gesellschaftliche Öffentlichkeit diese rassistischen Morde nicht als solche erkennen konnte bzw. warum die wenigen, die Rassismus als Tatmotiv öffentlich benannten, kein Gehör fanden und warum noch immer kein nennenswerter gesellschaftlicher Druck entstanden ist, um diese Taten aufzuklären. Dieser Frage geht der Beitrag nach, indem aus einer Perspektive der Migrationsregimeanalyse Migrationspolitiken der beginnenden 2000er Jahre rekonstruiert werden. Dabei wird deutlich, dass in dieser Zeit einerseits die langjährigen Kämpfe der Migration politische und repräsentative Erfolge zeitigen, dass diesen aber durchgehend mit Skandalisierungen der Tatsache der Migration und dem Versuch, migrationsgesellschaftliche Öffnungen wieder einzuschränken, begegnet wird, wobei insbesondere Muslime und Migrant_innen aus der Türkei eine Problematisierung erfahren. Dies führte dazu, dass männliche Migranten aus der Türkei als Täter, nicht aber als Oper rassistischer Gewalt wahrgenommen werden konnten.

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Veröffentlicht

2019-10-01

Zitationsvorschlag

[1]
Karakayali, J. 2019. Warum wurden die Morde des NSU nicht als rassistische erkannt? Migrationsregimeanalytische Anmerkungen. Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018. 39, (Okt. 2019).

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Rubrik

Ad-Hoc: Qualitative Migrations- und Grenzregimeforschung – aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen